Der Bahnhof braucht eine öffentliche Toilette

Bildunterschrift: In Bad Neuenahr gibt es seit 2020 direkt vor dem Bahnhof eine von der Stadt betriebene öffentliche Toilette. In Andernach gibt es seit ca. 15 Jahren keine Toilette im Bahnhof .
 


Einen eigenen Bahnanschluss erhielt Andernach schon beim Bau der linksrheinischen Strecke im Jahre 1858. 1911 wurden die Gleise dann auf einen Damm gelegt, mehrere Unterführungen ersetzten die bis dahin betriebenen beschrankten Übergänge. Ebenfalls 1911 erhielt unser Bahnhof ein neues Empfangsgebäude – selbstverständlich mit öffentlicher Toilette. Bis in die 1980er Jahre befand sie sich in der Empfangshalle hinter den Fahrkartenschaltern.

Als die Bahn dann immer weiter rationalisierte, mussten auch die Toiletten dran glauben. Anfangs konnte dieser Verlust noch durch Bahnhofsgaststätte „Gleis 5“ kompensiert werden. Dort konnten Reisende gegen einen Obolus ihre Geschäfte verrichten.

Seit etwa 15 Jahren gibt es im Bahnhof aber keine Gastronomie mehr und somit auch gar keine Toilette – mit den zu erwartenden Begleiterscheinungen. Es stinkt vor allem in der Unterführung und vor den Aufzügen mehr oder weniger stark nach Urin, gelegentlich ist die Lage regelrecht „beschissen“. Der Missstand ist seit Jahren bekannt und wurde in den städtischen Gremien immer wieder angesprochen. Es gab die naive Hoffnung, die Bahn könne hier wieder ein Angebot schaffen oder es könne gar ein privater Betreiber gefunden werden.  Leider alles Wunschdenken.

Die Bahn sieht sich nicht länger in der Pflicht, eine Toilette im Bahnhof vorzuhalten. Einen privaten Betreiber aber wird man für einen Bahnhof mit knapp 6.000 Reisenden pro Tag (davon rund die Hälfte Schüler des nahen Schulzentrums) nicht finden. Anders als in Koblenz, Bonn oder Köln rechnet sich das einfach nicht.

Viele Klein- und Mittelstädte waren mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Manche haben die Sache längst in die Hand genommen und ein eigenes Angebot geschaffen, so etwa Bad Neuenahr oder Wesel am Niederrhein. Die Stadtratsfraktion der Grünen hat daher in der letzten Sitzung des Stadtrates auf diese Referenzen hingewiesen und beantragt, eine von der Stadt betriebene öffentliche Toilette zu prüfen. Denkbar ist ein Edelstahl-Einbaumodul, welches in das Gebäude integriert wird oder eine freistehende Toilette am Bahnhofsvorplatz. 

(PM  Stadtratsfraktion Bündnis90-Die Grünen Andernach – April 2024)


 

Die Essbare Stadt – Alleinstellungsmerkmal oder Auslaufmodell?

Wer häufig in Deutschland und dem europäischen Ausland unterwegs ist, stellt immer wieder mit Überraschung fest, wie bekannt Andernach für seine Essbare Stadt ist. Die Essbare Stadt ist ein Alleinstellungsmerkmal, sie ist für Andernach zu einer Marke geworden. Andere engagieren eine Werbeagentur, brauchen Jahre und investieren Unsummen, um Marken aufzubauen und zu etablieren. Andernach fiel die Marke Essbare Stadt praktisch in den Schoß, dank der Weitsicht und des Mutes des damaligen Oberbürgermeisters und einiger Mitarbeiter. Eine Marke strahlt aber nicht ewig, sie muss immer wieder aufpoliert werden, wenn sie ihre Strahlkraft behalten soll. Inzwischen ist die Essbare Stadt in die Jahre gekommen, sie braucht dringend neue Impulse, es ist Zeit für ein „Relaunch“. Eigentlich ist Andernach mit der Essbaren Stadt gleich doppelt privilegiert. Ernährung besitzt als Thema eine dauerhafte Aktualität und zudem gibt es einige Brücken in die Geschichte der Stadt wie etwa die Rolle Andernachs als Drehscheibe für Reib- und Mühlsteine.Anders als viele andere Projekte wurde die Essbare Stadt in der Verwaltung erdacht, sie gilt damit als top-down-Projekt. Die Stadtratsfraktion Bündnis90-Die Grünen möchte daher von der Stadtverwaltung erfahren, wie sie dem Projekt frischen Wind einhauchen will und welche neuen Ideen sie künftig umsetzen will. Zugleich möchten wir fünf Vorschläge machen, wie sich die Essbare Stadt in den nächsten Jahren weiter entwickeln könnte.

Fläche erweitern

In der Innenstadt könnten weitere Flächen mit essbaren Pflanzen bespielt werden, etwa der Bereich zwischen Christuskirche und ehemaliger kurfürstlicher Burg, am Runden Turm oder mittelfristig im Bereich des Teichs am Helmwartsturm. Denkbar sind hierbei Schwerpunkte wie Stein- oder Kernobst. Ein attraktives Angebot, welches als Referenz dienen kann, ist etwa der Tempel der Pomona in Bad Homburg. 

Trinkbare Stadt

Eine der letzten Impulse war die Ergänzung um eine trinkbare Stadt. Heute finden wir Trinkwasserbrunnen am historischen Rathaus, am Ochsentor und auch im historischen Garten, die beiden letzten davon wurden als „Dauerläufer“ installiert. Weitere Brunnen in der Stadt sind denkbar, hier bieten sich neben dem Bahnhofsvorplatz besonders die Standorte der bis ins späte 19. Jahrhundert städtischen Brunnen an, etwa in der Hochstraße an der kurfürstlichen Burg oder an der Kreuzung Kirchstraße. Diese Brunnen können auch einen Beitrag zur Klimaanpassung leisten, zugleich würden sie die Aufenthaltsqualität steigern und die Aufenthaltsdauer von Besuchern erhöhen. Eine überregionale wenn nicht nationale Beachtung könnte mit einer Sanierung des seit mehr als zehn Jahren abgesperrten Brunnenpavillons in Tönisstein erreicht werden. National deswegen, weil diese Quelle eine zweitausendjährige Tradition hat, die auch noch durch römische Inschriften, Tagebücher etc. gut dokumentiert ist.

Kooperation mit Uni/FH/Stiftungen/DGE

Um Expertise im Bereich Ernährung zu gewinnen und zugleich eine größere Breitenwirkung zu erreichen, können Kooperationen mit Hochschulen, Stiftungen und Verbänden eingegangen werden. Hier bietet sich etwa die Universität Bonn mit dem Fachbereich Ernährungswissenschaften oder die Deutsche Gesellschaft für Ernährung mit Sitz ebenfalls in Bonn an.

Fundament verbreitern

Vor ein paar Jahren wurde am Bollwerk von der Firma Finzelberg ein Beet mit Heilkräutern angelegt. Ein Engagement weiterer Firmen ist denkbar und sollte erfragt werden. Inzwischen hat man sich zwar in Andernach daran gewöhnt, dass die Flächen der Essbaren Stadt fast vollständig von der Perspektive gGmbH gepflegt werden. Für eine stärkere Identifikation ist aber mehr bürgerschaftliches Engagement wünschenswert. In diesem Sinne sollte immer wieder versucht werden, ob Vereine, Nachbarschaften oder Ehrenamtsinitiative die Pflege von Teilflächen übernehmen können. 

Dauerhafter Vermittlungsort

Stiftungen im Bereich Ernährung wie die Edeka-Stiftung, die REWE-Stiftung oder die BayWa-Stiftung legen meist ihren Schwerpunkt auf die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für Lebensmittel und eine gesunde Ernährung. Mit Gärten und Beeten an einigen Grundschulen und Kitas hat Andernach dafür schon Fundamente gelegt. Wenn Andernach hier ein Bildungsangebot schafft, dann kann die Stadt mit hoher Wahrscheinlichkeit Fördermittel einwerben und zugleich die Breitenwirkung für das Projekt und die Stadt dauerhaft steigern. Für einen solchen außerschulischen Lernort braucht die Stadt einen ganzjährig zur Verfügung stehenden attraktiven Vermittlungsort. 

Wir hoffen, mit den Vorschlägen eine Diskussion um die Zukunft der Essbaren Stadt anzustoßen und sind gespannt, ob bzw. welche Vorschläge aus der Bürgerschaft und den anderen Fraktionen kommen.

 

 

Krahnenberg – Reaktivierung von Fußwegen und Kleingärten - Anregung für ein verbreitertes Fundament der Essbaren Stadt

Seit gut zwei Jahren wird in Andernach intensiv über die Entwicklung des Krahnenbergs diskutiert. Der Andernacher Hausberg, von manchen gar als „Sehnsuchtsort“ der Andernacher bezeichnet, erfreut sich nach Jahren der Vernachlässigung wieder einer starken Beachtung. Die Grünen freuen sich über jeden, der den Weg auf den Krahnenberg findet, ganz besonders aber über Besucher, die ihn ohne eigenen PKW erreichen. In diesem Sinne haben wir bereits zu Beginn der Diskussion eine verbesserte fußläufige Erschließung gefordert. Ziel ist es, das Verkehrsaufkommen möglichst auf mehrere Routen und Träger zu verteilen, um so die Belastung für Umwelt und Anlieger erträglich zu halten. Als Fußweg bietet sich zunächst der alte und inzwischen teilweise durch umgestürzte Bäume und fehlende Geländer kaum passierbare Weg an, der seit bald 130 Jahren vom Philosophenweg direkt auf die Kanzel führt. Ein weiterer möglicher Fußweg ist die ehemalige Trasse der Standseilbahn. Sie verläuft kerzengerade und mit gleichmäßiger Steigung auf das Plateau. Um die für den Bahnbetrieb erforderliche gleichmäßige Steigung zu erreichen, war hier im unteren Teil ein tiefer Geländeeinschnitt vorgenommen wurden, während die Bahn im oberen Drittel auf einem Damm fuhr.

Bis vor etwa vierzig Jahren verlief auf der ehemaligen Trasse der Standseilbahn ein schmaler Fußpfad, zu beiden Seiten lagen gepflegte Nutzgärten. Inzwischen ist dieser Pfad im unteren Teil, der an einen Hohlweg erinnert, komplett zugewachsen. Die meisten Gärten sind aufgegeben. Viele sind verwildert, manche nur noch durch eine eingestürzte Laube und einen Müllhaufen erkennbar.

Bei einer spontanen Müllsammelaktion der Grünen auf der ehemaligen Trasse der Standseilbahn kam die Idee, diese Gärten zu reaktivieren und so gleich das Fundament für die Essbare Stadt zu verbreitern. Kleingärten haben in den letzten zehn Jahren ihr staubiges und spießiges Image abgelegt, sie erleben vor allem in Ballungsgebieten eine Renaissance. Renommierte Architekten haben Lauben für sie entworfen, es gibt Wartelisten. Kleingärten bieten ein enormes Potential, sie leisten einen Beitrag für eine wohnortnahe Freizeit, die regionale Produktion von Lebensmitteln und sie fördern die soziale Integration. Hier treffen Menschen aus unterschiedlichen Generationen, sozialen Schichten und unterschiedlicher Herkunft zusammen und können untereinander Fertigkeiten und Erfahrungen austauschen.

Falls sich die Stadt Andernach tatsächlich für die Austragung der Landesgartenschau bewerben sollte, wäre so eine stadtnahe Gartenanlage auch ein sinnvoller Baustein. Bei den LGS in Bingen und Landau waren Kleingärten übrigens ein zentraler Baustein.

Die Stadt konnte auf der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 17. Oktober mit großem Stolz verkünden, dass Andernach aus dem EU-Topf für das Projekt "EdiCitNet" (Integrating Edible City Solutions Resilient and Sustainable Productive Cities) über einen Zeitraum von fünf Jahren Fördergelder in Höhe von gut 700.000 Euro erhalten wird. Mit den Fördergeldern sollen neue Pilotprojekte der Essbaren Stadt angeschoben werden. Im Mittelpunkt stehen Fragen des sozialen Zusammenhaltes. Was würde sich für eine Förderung und ein verbreitertes Fundament der Essbaren Stadt eher anbieten als eine derartige naturnahe Gartenanlage? Wir bitten um Diskussion auf der nächsten Sitzung des Planungsausschusses.



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