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Die Stadtratsfraktion Bündnis90/Die Grünen beantragt, bei der möglichen Bewerbung Andernachs für die Landesgartenschau 2026 eine Entwicklung des hier „Rhenus-Quartier“ (Arbeitstitel!) genannten Bereichs als urbanes Gebiet zu prüfen.
Vor ein paar Tagen hat die CDU-Stadtratsfraktion in einem Antrag eine Bewerbung Andernachs für die Landesgartenschau 2026 gefordert, wie sie bereits mehrfach in den Ausschüssen angesprochen wurde. Im Sommer dieses Jahres hatte Bad Neuenahr-Ahrweiler den Zuschlag für die Austragung der nächsten Landesgartenschau 2022 erhalten, und zwar gegen drei Konkurrenten und erst im dritten Anlauf. Eine Bewerbung für die Landesgartenschau erfordert also viel Vorbereitung und ist bei Leibe kein Selbstläufer. Im besten Fall löst sie große Investitionen aus und macht eine Stadt langfristig lebens- und zukunftsfähiger. Aber selbst für den Fall, dass ein Bewerber leer ausgeht, ist die Bewerbung doch eine Gelegenheit, die Ebene des Alltagsgeschäftes zu verlassen und langfristige Perspektiven zu entwickeln. In diesem Sinne unterstützen wir eine Bewerbung Andernachs.
Ein Blick auf die Bewerbungsrichtlinien für die Planung von Landesgartenschauen und auch die erfolgreichen Landesgartenschauen in Trier, Bingen und Landau zeigen allerdings, dass es weniger um die Entwicklung von touristischen Magneten sondern vor allem um eine zukunftsfähige Quartiersentwicklung und dabei oft um sog. Konversionsflächen geht. In Bingen waren dies etwa die ehemaligen Gleisanlagen zwischen Bahnhof und Rhein, in Landau ein ehemaliges Kasernengelände im Süden der Stadt.
Auch Andernach verfügt über ein Gelände, das sich für eine derartige Überplanung und Entwicklung anbieten würde, nämlich der Bereich zwischen Scheidsgasse, Augsbergweg, Werftstraße und Uferstraße.
Der rund acht Hektar große Block ist fast komplett mit eingeschossigen Fabrikhallen bebaut, die zwischen 1930 und 1980 entstanden und in die Jahre gekommen sind. Ursprünglich als Hobelwerk (Drünert) und zur Herstellung von Türen (Rhenus) errichtet, sind sie heute überwiegend mit kurzer Vertragslaufzeit als Lagerflächen vermietet oder stehen leer. Die Grundstücke befinden sich mit Ausnahme von zwei kleinen Parzellen im Besitz der Stadt Andernach und der Stadtwerke.
Von der Stadt der langen Wege hin zu einer Stadt der kurzen Wege
Von den Anfängen bis in 20. Jh. treffen wir in europäischen Städten unterschiedlichste Nutzungen auf engstem Raum. Seit gut hundert Jahren geht die Entwicklung dahin, dass Wohnen, Gewerbe und Freizeit immer stärker voneinander getrennt werden. Es gibt reine Wohngebiete, Gewerbegebiete, Industriegebiete, Naherholungsgebiete, Freizeitzentren …Diese Entwicklung kann auch in Andernach beobachtet werden. Wir wohnen in Andernach etwa auf dem Martinsberg, arbeiten in Koblenz, kaufen im Einkaufszentrum ein, trainieren im Fitnesszentrum am Rennweg und gehen anschließend in der Altstadt zum Essen.
Diese Trennung ist sicher sinnvoll, um Nutzungskonflikte zu vermeiden und Menschen vor allem vor Lärm zu schützen. Wer will schon ein Walzwerk oder eine Gießerei als Nachbarn haben. Die Entwicklung hat aber auch erhebliche Nachteile mit sich gebracht. Die Wege werden immer länger und meist mit dem Auto zurückgelegt. Das erfordert eine aufwändige Infrastruktur und auch extrem viele Stellplätze, nämlich Stellplätze vor der eigenen Haustür, Stellplätze am Arbeitsplatz, Stellplätze im Einkaufszentrum und an Freizeiteinrichtungen.
Der Gesetzgeber hat diese Schwachstelle in der Stadtentwicklung erkannt und im Mai 2017 mit dem „Urbanen Gebiet“ eine neue Kategorie im Bauplanungsrecht eingeführt. Damit sollen Mischnutzungen und so ein Nebeneinander von Wohnen, Gewerbe und sozialen Einrichtungen ermöglicht werden. Leitbild hinter der Gesetzesnovelle ist eine Stadt der kurzen Wege und der sozialen Durchmischung.
Die Stadt und die Stadtwerke Andernach haben die Flächen des ehemaligen Hobel- und Türenwerkes über die Jahre nicht für eine Wohnbebauung erworben. Sie dienen vielmehr als eine strategische Flächenreserve für die Entwicklung des Hafenumfeldes und werden für eine mögliche Ansiedlung von Unternehmen bereitgehalten. Eine überstürzte Umwidmung dieser Flächen für eine Wohnbebauung ist sicher problematisch. Mit einem „urbanen Gebiet“ aus Gewerbe, Wohnen und Freiflächen könnten jedoch gleich mehrere Interessen bedient werden. Im besten Fall kann die Stadt ein neues innerstädtisches Quartier in attraktiver Lage entwickeln ohne den Wirtschaftsstandort zu schwächen.
Das Quartier könnte einhergehen mit der Erweiterung bzw. Verlängerung der Rheinanlagen um knapp 400 Meter. Damit ließen sich Wohn- und Aufenthaltsqualität für Bewohner und Touristen steigern. Weiterhin bestünde die Möglichkeit einer weiteren Anlegestelle für Personenschiffe. Es könnten klimaneutrale und mit regenerativen Energiequellen betriebene zukunftsfähige Wohnungen entstehen. Dabei ist darauf zu achten, dass Wohnungen für jede Einkommenslage gebaut werden, um eine soziale Durchmischung zu erreichen. In dem Quartier und seinem Umfeld sollte ein Schwerpunkt auf der Stärkung des Fuß- und Radverkehrs liegen, dabei müsste dann auch der Rhein-Radweg in diesem Bereich ausgebaut werden. Kurzum – das Quartier bietet die Realisierung zahlreicher Anliegen, die von den Bürgern und den Fraktionen im Stadtrat als Kernaufgaben der nächsten Jahre angesehen werden.
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